Chronologie der Veröffentlichungen zur Sanierung des Lindenau-Museums

  • Aufbruch – Das Lindenau-Museum stellt sich neu auf: Ein Zwischenbericht. Von Britt Schlehahn, Kreuzer – Leipziger Stadtmagazin, Februar 2022

Für den Entreebereich des Lindenau-Museums eine großartige Architektur entwickeln – Von Dr. Bernd Drischmann, Baudirektor i.R. zum Umbau des Lindenau-Museums

Es ist schon erstaunlich, dass sich Bauherr und Nutzer des neu zu gestaltenden Lindenau-Museums derart resistent zeigen gegen die nun schon seit Monaten anhaltende, deutschlandweite Kritik an der Bauplanung. Die Bauherrenseite hofft auf die Lokalpresse und überläßt es ihr, die Öffentlichkeit über das problembeladene Vorhaben zu informieren.  Der Bauherr hat die Verantwortung für den Einsatz von fast fünfzig Millionen Euro an Fördermitteln übernommen, handelt aber wie ein Privatmann, der mit seinem Geld machen darf, was er will. Ich kann nicht beurteilen, ob die Altenburger Kreis- und Stadträte ordnungsgemäß in den Planungsstand zum Lindenau-Museum eingebunden wurden. Aber dass die Bürger der Stadt und der Region von offizieller Seite in keiner Weise beteiligt worden sind, das weiß ich sehr wohl. So viel Ignoranz ist beschämend.

Ich habe mit dem Direktor der Altenburger Museen, Herrn Dr. Krischke, sowie mit dem Bauherren, Herrn Landrat Melzer, zum Thema jeweils ein längeres Gespräch geführt. Auch mit dem Sprecher des Stadtforums. Als Mitarbeiter des Lindenau-Museums wird von diesem aber wahrscheinlich Loyalität eingefordert, und der Landrat wird es mit dem Museumsdirektor wohl nicht viel anders machen. Also halten wir uns an den Landrat. Der hatte laut OVZ vom 11. Februar 2022 am Vortage in der Pressekonferenz eine Basta-Haltung eingenommen: „Der Förder- und der Bauantrag sind gestellt, und wir machen damit weiter. Wir gehen nicht zurück.“

An dieser Stelle läuten natürlich alle Alarmglocken, denn so darf nicht gebaut werden, und es wäre geradezu peinlich, wenn wir es trotz des vielen Geldes (und eines siebenstelligen Planungshonorares!) nicht hinbekämen, für den Entreebereich des Lindenau-Museums eine großartige Architektur zu entwickeln.

Dem Bauherren ist nachdrücklich anzuraten, sich einsichtig und kompromißbereit zu zeigen, denn seine Position ist nicht besonders komfortabel. Ihm ist ein eklatanter Fehler unterlaufen. Er hat es versäumt, der Planung einen Architekturwettbewerb voranzustellen, einen Planungsschritt, der bei großen und sensiblen Bauaufgaben seit über hundert Jahren üblich ist und sich weltweit bewährt hat. Das Problem ist also hausgemacht.

Nun muß dringend ein Weg gefunden werden, wie es weitergehen kann. Ich habe deshalb  dem Landrat einen Brief geschrieben und ihm einen von mehreren denkbaren Lösungsansätzen vorgeschlagen. Dabei geht es nicht um wissenschaftliche Erörterungen, wie sie für das angekündigte März-Kolloquium vorgesehen sein könnten, sondern um die beste Architektur für unser Lindenau-Museum.

Dr.-Ing. Bernd Drischmann, Baudirektor i.R.                                        

Wilchwitz, 26. Februar 2022   

Weitere Informationen, Berichte und Meinungen (chronologisch):

Fragwürdige Eingriffe in das Lindenau-Museum. Von Prof. Lothar E.O. Eckhardt, Dipl.-Ing. Architekt

Durch den Bericht von Nikolaus Bernau in der F.A.Z. bin ich auf die höchst fragwürdigen Eingriffe in das Lindenau-Museum aufmerksam gemacht worden. Ich darf dabei erwähnen, dass ich mit Altenburg dadurch verbunden bin, dass mein Vater dort und ich selbst im benachbarten Nobitz geboren wurde sowie dass es verwandtschaftliche Beziehungen zu Ernst Ludwig Reichenbach (“Palais Reichenbach“) gibt.  

Zum Entwurf möchte ich Folgendes anmerken: 

Die veröffentlichte Visualisierung der Architekten irritiert erheblich: Auf den ersten Blick scheint eine brückenträgerartige Konstruktion das Museum über einem Gewässer schweben zu lassen bzw. sieht es so aus, als ob das Gelände geflutet worden sei („Blaue Flut“?). Dann denkt man, hier solle einem staatlichen Repräsentationsbau des späten 19.Jh. optisch die Basis entzogen und durch schräg gestellte, labil wirkende Krücken ersetzt werden, als gelte es, das Gebäude bloßzustellen – aber aus welchem Grund? Es werden also ganz falsche Assoziationen geweckt.

Tatsächlich ist es furchtbar banal: Eine gläsernen Vitrine, einer Ladenpassage ähnlich, wird davorgesetzt, sodass der „Hauptkörper wie auf ein Tablett gestellt“ (Originalton Architekt) erscheint. Und weiter: der Besucher soll denken: „OK, hier ist irgendwie was Neues entstanden.“ (Zitate aus dem Film auf der Website).

Irgendwie was Neues – das ist der Tenor des Entwurfs. Man betrachte die völlig unmotivierten, ungelenken Kurvaturen der Glasfassade (Originalzitat: „ein bisschen schwingen lassen“) sowie die unglückliche Herausnahme des Eingangs/Windfangs aus der zentralen Achse und seine peinliche Schrägstellung, außerdem den in der lichten Höhe viel zu flach wirkenden Eingangsraum mit den „irgendwie“ verteilten runden Oberlichtern – die Rede ist von „zeitgemäßem Raum mit Shopbereich“. Genau das ist es: eine gläserne Shoppingzone.

Die digitale Ansicht der Fassade des Museums wirkt infolge des Weglassens vieler plastischer Details wie ein billiges Pappkartonmodell, so dass man auf den ersten Blick das Museum gar nicht wiedererkennt. Eine Darstellung der tatsächlichen Fassade mit all ihren Details – die die gewisse Monumentalität und „Gewichtigkeit“ des Gebäudes zeigen würde – zusammen mit dem gläsernen Vorbau hätte die Absurdität des Vorhabens besonders deutlich werden lassen. Man muss den Architekten leider unterstellen, dass sie durch ihre verharmlosende Fassadendarstellung manipulativ vorgegangen sind. Die von der tatsächlichen Plastizität befreite Fassade scheint in der Visualisierung eine verträglichere Verbindung mit der gläsernen Basis einzugehen. Das etwaige Argument, man hätte die Fassade nur abstrahiert darstellen wollen, kann in Zusammenhang mit einem solch fundamentalen Eingriff nicht akzeptiert werden.

Dass der bisherige Eingangsbereich nicht „besucherorientiert, einladend, funktional oder repräsentativ“ sei, so die Argumente für die neu geplante Eingangssituation, ist, außer dass er nicht behindertengerecht ist, eine schiere Behauptung. Die Treppen- und Balustradenanlage mit dem Halbrund eines “Stadtbalkons“ wird durch die Führung der beiden Treppen mit ihrem betonten Aufforderungscharakter (sie zu betreten) zu einer architekturgewordenen Willkommensgeste – ein wirksames inszenatorisches Element.

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Städel-Museum in Frankfurt, bei dem im Zuge des Umbaus und der Erweiterung die vergleichbare Eingangsfront mit Treppe des 1878 errichteten Gebäudes (des Architekten Oskar Sommer [1840-1894], ebenfalls ein Schüler bzw. Mitarbeiter von Semper wie Julius-Robert Enger [1820-1890] ) beibehalten, ein Extraeingang und Aufzug für Behinderte an der Seite eingerichtet und vor allem eine unterirdische Erweiterungs im rückwärtigen Gartenbereich realisiert wurde, die, mit Oberlichtern versehen und bepflanzt, eine unaufdringliche, elegante und mit Architekturpreisen bedachte Lösung darstellt. Ein ähnliches Erweiterungskonzept wäre auch für das Lindenau-Museum denkbar – rückwärtig (allerdings eingeschränkt durch Baumbestand) oder seitlich rechts im Bereich der freien Grünfläche (soweit ich dies Google Earth entnehme). 

Prof. Lothar E.O. Eckhardt, Dipl.-Ing. Architekt

Hamburg, 9. Februar 2022

Weitere Informationen und Veröffentlichungen:

Resolution von Architekten, Denkmalpflegern und Kunsthistorikern zu den Umbauplänen für das Lindenau-Museum in Altenburg

Resolution zu den Umbauplänen für das Lindenau-Museum in Altenburg der Klasse Baukunst der Sächsischen Akademie der Künste, veröffentlicht am 6. Februar 2022:

Weiterführende Links:

BAUSTEIN. Magazin für Stadtentwicklung, Denkmalpflege und Baukultur des Netzwerkes Stadtforen 01|2011

Mit der ersten Ausgabe des knapp 40 Seiten umfassenden Magazins „BAUSTEIN – Stadtentwicklung. Denkmalpflege. Baukultur“ 01|2011 stellen sich fast alle teilnehmenden Initiativen des Netzwerkes Stadtforen Mitteldeutschland mit Porträt und Projekten vor. Für die Rubrik „Stadtgespräch“ stellte das Stadtforum Altenburg nachfolgenden, aktualisierten Überblicksartikel über das Bauvorhaben “Areal am Markt” zusammen:

Bauvorhaben „Areal am Markt“

Seit fast zwei Jahren engagiert sich das Stadtforum Altenburg um eine bestmögliche Lösung bei der Neugestaltung des „Areal am Markt“ im Herzen der Altstadt zu erreichen. Grundsätzlich unterstützt das Stadtforum Altenburg die Initiative der städtischen Wohnungsgesellschaft (SWG) und der Stadtverwaltung Altenburg, das schon viel zu lange ungenutzte Quartier wieder zu bebauen und somit zu einer positiven Entwicklung in der Altenburger Altstadt beizutragen. Kritisch zu betrachten ist der Komplettabriss der bestehenden wertvollen historischen Gebäude, die architektonische Qualität der Neubelebung und die Art und Weise der Umsetzung des Vorhabens durch die Stadtverwaltung und die SWG.

Im Folgenden sind die wichtigsten Etappen im Streit um das Areal chronologisch aufgeführt: Weiterlesen

Stadtforum Altenburg Gründungsmitglied im „NETZWERK Stadtforen Mitteldeutschland“

„Bürgerbeteiligung“ ist derzeit bundesweit eines der großen politischen Schlagworte – spätestens seit „Stuttgart 21“. Überall in Deutschland engagieren sich Bürger dafür, dass Demokratie auch zwischen den Wahltagen stattfindet und bringen sich aktiv vor Ort in Planungsprozesse ein. In Mitteldeutschland haben überregionale Aufmerksamkeit unter anderem die bürgerschaftlichen Initiativen um den Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke, den Abbruch der Kleinen Funkenburg in Leipzig, die Abbrüche von Barockhäusern in Weißenfels und Altenburg oder die Flächenabbrüche in Chemnitz erregt. Doch das Engagement beschränkt sich nicht auf solche Einzelprojekte.

In den letzten Jahren haben an verschiedenen Orten in ganz Mitteldeutschland Bürger und unabhängige Fachleute Zusammenschlüsse gegründet, um losgelöst von Einzelereignissen eine kontinuierliche Bürgerbeteiligung von unten zu organisieren. Einige dieser Vereinigungen haben ihre Wurzeln bereits in der Bürgerbewegung der späten DDR-Zeit, andere sind im Zuge der Friedlichen Revolution entstanden, ein großer Teil jedoch erst im Zusammenhang mit dem zum Teil systematischen Abbruch ganzer Denkmallandschaften in den Jahren ab 2000. Weiterlesen