Für den Abriss denkmalgeschützter Bauten bedarf es in Thüringen grundsätzlich einer Erlaubnis der unteren Denkmalschutzbehörde. Das Verfahren ist in § 14 ThürDSchG geregelt. Vor der gesetzlichen Neuregelung im Jahre 2004 war ein effektiver Denkmalschutz dadurch gewährleistet, dass eine Abrisserlaubnis nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie erteilt werden durfte. Nach der aktuellen Gesetzeslage wird diese Denkmalfachbehörde nur noch angehört. Die untere Denkmalschutzbehörde ist an die fachliche Stellungnahme gebunden.
Die Anwendung dieser gesetzlichen Regelungen durch die Thüringer Behörden gibt allerdings zu denken. Augenfällig wird dies am Beispiel des in Altenburg öffentlich diskutierten geplanten Abrisses des Areals am Markt gegenüber der Brüderkirche. Die Städtische Wohnungsgesellschaft (SWG), zu 100 % im Eigentum der Stadt Altenburg, beabsichtigt auf Initiative des Oberbürgermeisters Abriss und Neubebauung des gesamten Quartiers, von denen einzelne Häuser unter Denkmalschutz bzw. unter Ensembleschutz im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung stehen. Zuständig für die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis ist die untere Denkmalschutzbehörde, welche beim Bauamt der Stadt Altenburg angesiedelt ist. Dienstherr des zuständigen Sachbearbeiters ist der Oberbürgermeister.
Bereits aus rechtsstaatlicher Sicht erscheint es bedenklich, dass die Stadt Altenburg über den Abrissantrag ihrer eigenen Wohnungsgesellschaft entscheiden kann. Der Denkmalschutz bleibt auf der Strecke, wenn der Sachbearbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde sein Ermessen zugunsten der Vorstellungen seines Dienstherrn ausübt. Etwaige Ermessensfehler bleiben ungeahndet, da in der dargestellten Konstellation der Bauherr keinen Anlass hat, Rechtsbehelfe einzulegen. Nachbarn stehen nach Gesetzeslage keine Rechtsbehelfe zu. Selbst bei grob rechtswidrigen Entscheidungen gilt dann: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Dies alles wäre ja nicht so schlimm, wenn die untere Denkmalschutzbehörde an die Stellungnahme der Denkmalfachbehörde gebunden bleibt. Allerdings zeigt sich, dass bei der Rechtsanwendung dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie lediglich die Kompetenz zugesprochen wird, über die Denkmaleigenschaft zu urteilen. Die eigentliche Ermessensentscheidung, nämlich die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Denkmals mit den privaten Interessen des abrisswilligen Eigentümers, bleibt bei der unteren Denkmalschutzbehörde. Da der jeweilige Sachbearbeiter im eigenen Arbeitsplatzerhaltungsinteresse sein Ermessen nach Möglichkeit nicht gegen die Interessen seines Dienstherrn ausüben wird, existiert in Thüringen für die dargelegte Konstellation de facto ein Denkmalschutz gegen Kommunen als Denkmalvernichter nicht!
Da die obere Denkmalschutzbehörde beim Landesverwaltungsamt nicht willig oder vielleicht auch nicht befugt ist, hier einzugreifen, bleibt es aus Sicht des Stadtforums Aufgabe des Gesetzgebers, künftig diesem Missstand abzuhelfen. Ferner ist nach Ansicht des Stadtforums zu prüfen, wie ggf. der oben beschriebene „böse Schein“ einer in einem Interessenkonflikt befangenen unteren Denkmalschutzbehörde auch nach geltendem Recht vermieden werden kann.