Der SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzende Nikolaus Dorsch reagiert in seiner Pressemitteilung vom 22. August 2010 auf einen offenen Brief der Landesfraktionsvorsitzenden der Grünen Anja Siegesmund an den OB Michael Wolf, der auszugsweise in der OVZ vom 20. August 2010 zitiert wurde.
Das Stadtforum sieht sich veranlasst, auf Argumentationslücken in der Position Dorschs hinzuweisen – ohne in dessen gewählte Rhetorik zu verfallen.
Erstens: Wie sich anhand einer Chronologie des „Areal am Markt“ rekapitulieren lässt, wurde die Einschätzung und Forderung des Landesamtes für Denkmalpflege (TLDA) nach einer planerischen Einbindung des Kulturdenkmals „Bei der Brüderkirche 9“ in die Baukonzeption seitens der Vorhabenträger und des Architekten systematisch ignoriert und unterlaufen. Die von der Fachbehörde ausführlich aufgezeigten denkbaren Planungsmöglichkeiten, die den Erhalt und die Integration des Kulturdenkmals „Bei der Brüderkirche 9“ in das Neubauvorhaben vorsahen, fanden Eingang weder in Planungsalternativen noch in Machbarkeitsstudien. Zumal der wahre Erhaltungszustand des Gebäudes von Seiten des Vorhabenträgers der Öffentlichkeit nie zutreffend kommuniziert wurde. Tatsache ist, dass die Denkmalfachbehörde nach Inaugenscheinnahme des Objektes keine objektiven Gründe findet, die einen Abbruch des Kulturdenkmals rechtfertigen würden. Genauer: Das Gebäude befinde sich in einem erstaunlich guten Zustand, so das TLDA in einem Antwortschreiben an OB Wolf vom 1. September 2009, so dass ein zumutbarer Erhalt der Denkmalsubstanz zweifelsfrei gegeben sei. Die Integration des Gebäudes in die Neubauplanung des Quartiers müsse ohne weiteres möglich sein. Dem Vorhabenträger wurde ferner sowohl die Erarbeitung von Alternativkonzepten zur Neubebauung des Quartiers unter Berücksichtigung des Einzeldenkmals als auch eine entsprechende Überprüfung im Sinne des Gesamtvorhabens „Quartiersergänzung“ dringend anempfohlen.
Zweitens: Wie sich in der zeitlichen Abfolge des Geschehens „Areal am Markt“ weiter aufzeigen lässt, wurde das Projekt seit 2007 konsequent hinter verschlossenen Türen entwickelt. Erstmalig im Oktober 2009 präsentierte der Vorhabenträger der Öffentlichkeit sein vollständiges, in sich abgeschlossenes Projekt zur Quartiersbebauung – freilich ohne die Kulturdenkmale und in Ignoranz der oben beschriebenen Position der Denkmalfachbehörde. Bis zu diesem Zeitpunkt fand weder die Information, die Einbeziehung noch ein Meinungsaustausch mit dem Bauausschuss, dem Stadtrat oder dem Denkmalbeirat statt.
Drittens: Seither wurden Unterlagen und Information ausschließlich scheibchenweise und unvollständig oder erst verspätet nachgereicht bspw. die Stellungnahme(n) der Denkmalfachbehörde. Desgleichen ist das Sanierungsgutachten mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung zur Begründung des Abrisses weder veröffentlicht noch liegt dieses den Stadträten in Schriftform vor.
Der Vollständigkeit halber verweist das Stadtforum auf eine Chronologie des „Areal am Markt“ und dokumentiert nachfolgend die Pressemitteilung des Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion Nikolaus Dorsch.
SPD-Stadtratsfraktion zum Areal am Markt
Eine lautstarke und mit der veröffentlichten Meinung gut vernetzte Gruppe versucht in den letzten Monaten die geplante Neubebauung des Areals am Markt zu torpedieren. Dabei geht schrittweise der gemeinsame Konsens einer strategischen Wiederbelegung der Innenstadt durch Zuzug von Bürgern hinter Einzelinteressen verloren.
Festzuhalten ist, dass in einem jahrelangen, transparenten Prozess die Einzelgrundstücke des Areals durch die Stadt erworben und an die SWG übertragen wurden. Dies als Teil einer langfristigen Strategie zur Entwicklung von Quartieren der Innenstadt und flankiert von umfangreichen denkmalgerechten Sanierungen von Einzeldenkmalen unter hohem Fördermitteleinsatz. Nur so konnte überhaupt die Entwicklung bis heute erreicht werden. Die SWG und die Stadt haben beim Areal am Markt von Beginn an in allen vorgesehenen Planungs- und Genehmigungsstufen auf eine Beteiligung der Bürger und des Stadtrats geachtet und z.B. mit zusätzlichen öffentlichen Informationsveranstaltungen Veränderungswünsche berücksichtigt und Mitsprache geschaffen.
Trotz dessen wird wider besseres Wissen der Meinungsführer der Eindruck ungesetzlichen und vor allem undemokratischen Handelns gezielt verbreitet. Dies ist umso verwerflicher, als verschiedene komplexe rechtliche Prozesse miteinander vermischt und – oft aus Unkenntnis – als abgeschlossen dargestellt werden. Die Zielrichtung dieser Entwicklungsgegner löst sich dabei vom Sachgegenstand und zielt ausschließlich auf führende Entscheidungsträger, in der Absicht, diese zu diskreditieren. Dann müssen sie die Wortführer aber fragen lassen, warum gerade jene Politik und Strategie z.B. im Stadtrat immer mehr Unterstützung erfährt, damit endlich aus falschem Bewahrungszwang und öffentlichen Märchenträumen reale Stadtentwicklung entsteht. Demokratie lebt nicht davon, dass man nur Entscheidungen akzeptiert, die einem selbst dienlich sind, oder der eigenen Meinung entsprechen. Seien Sie vor allem beruhigt, meine Damen und Herren Meinungsführer, dass alle Prozesse real von den gewählten Entscheidungsgremien kontrolliert und mitgetragen werden. Gegenwärtig hat der Unterzeichner eher den Eindruck, dass der Vorwurf undemokratischer Spielregeln schlicht aus Arroganz und (partei-)partikularem Eigeninteresse rührt, wo sachlich fundierte Betrachtung notwendig wäre.