Es ist bekannt geworden, dass der Bauantrag der SWG für die Bebauung des Areals am Markt bereits zur Genehmigung eingereicht wurde. Gegenstand des Antrages ist auch der Abriss des barocken Einzeldenkmals Bei der Brüderkirche 9 und des spätklassizistischen Eckhauses Klostergasse 5. Das Ergebnis des laufenden Abwägungsverfahrens zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan, das wesentliche Erkenntnisse zur Objektplanung des Areals bringen kann, wird gar nicht abgewartet. Wieder wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht, was soll das wohl bedeuten?
In einer Phase, in der der Oberbürgermeister Wolf das vielseitig umstrittene Projekt in seinem Sinne eiligst umsetzen will, wo offensichtlich schon vor dem ordnungsgemäßen Abschluss der Planungsverfahren vorschnell Tatsachen geschaffen werden sollen, muss sich das Stadtforum wieder deutlich zu Wort melden. Auch wenn das Tauziehen des Stadtforums gegen den OB nicht erfolgreich sein sollte, die vielen Mitstreiter wollen und können nicht schweigen zu den kuriosen Entwicklungen des letzten Jahres. Es ist zu viel fleißige Aufklärungsarbeit geleistet worden, es hat von Seiten des Stadtforums zu viele intensive Bemühungen um positive Veränderungen gegeben, als dass man nun angesichts der populistischen Aktionen des OB stillhalten könnte. Es sei nur auf die Zeitungsoffensive des OB in der OVZ vom 8. Okt. 2010 verwiesen, in der der Öffentlichkeit und vor allem den Stadträten vorgegaukelt wird, als ob nun alle Probleme und Kritikpunkte gelöst seien. Das Gegenteil ist der Fall, vieles ist sogar schlimmer geworden. Und das alles erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Ergebnisse und Konsequenzen aus dem laufenden Bauleitplanverfahren sowie der Rahmenplanung noch gar nicht vorliegen, geschweige denn schon diskutiert oder abgewogen worden sind.
Es mag auffallen, dass hier immer nur vom OB die Rede ist. Das liegt daran, dass es im Wesentlichen tatsächlich immer nur um eine Person geht, in der auf widersprüchliche Weise zu viele Zuständigkeiten und Einflussmöglichkeiten gebündelt sind. Das nutzt Herr Wolf in vollem Umfange auch aus. Gleichzeitig bemüht er sich allerdings, seine Machtfülle herunterzuspielen und eine klare Aufgabenteilung zu suggerieren. In Wahrheit ist die Lage so:
Die städtische Wohnungsgesellschaft ist eine städtische Tochtergesellschaft, deren einziger und damit bestimmender Gesellschafter der OB ist. Der Gesellschafter gib dem Geschäftsführer die Leitlinien der Geschäftspolitik vor, hat also ganz maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Aktivitäten, auf das Investitionsgeschehen und damit auf die ganz praktischen Bauaufgaben der SWG. Der OB macht mit Hilfe der Tochtergesellschaft handfeste Kommunalpolitik.
Damit das Ganze aber in geordneten Bahnen verläuft, ist der Gesellschaft ein Kontrollorgan zugeordnet, das ist der Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft. Und auch hier hat der OB die leitende Funktion inne, er ist Aufsichtsratsvorsitzender. Der Chef des Kontrollgremiums und der Spitzenmann der Gesellschaft – die es zu kontrollieren gilt sind ein und dieselbe Person. Herr Wolf kontrolliert sich also selbst.
Das ist zwar schon sei langem so, allerdings wird die Sache dadurch nicht besser. Diese in sich widersprüchliche Situation wäre noch hinnehmbar, wenn alle Vorhaben der SWG in vollem Einvernehmen zwischen Stadtrat, OB, SWG und Aufsichtsrat durchgeführt würden. Wenn jedoch – wie am Areal am Markt – diese Einigkeit nicht gegeben ist, tritt das Problem der Ämterhäufung klar zu Tage.
Das ist aber leider noch nicht alles. Herr Wolf vertritt als Gesellschafter der SWG bei Bauvorhaben der Gesellschaft natürlicherweise die Bauherrenseite. Für die Genehmigung eines Bauantrages dieses Bauherrn ist der OB als Chef der Stadtverwaltung nun auch noch zuständig. Im Klartext heißt das:
Der OB als Quasi-Bauherr kontrolliert sich als Aufsichtsratsvorsitzender nicht nur selbst, sondern er genehmigt sich als Baugenehmigungsbehörde auch noch selbst seinen eigenen Bauantrag. So entscheidet er unter bestimmten Voraussetzungen sogar allein über den Abriss eines intakten, hochwertigen Baueinzeldenkmals, und genau das ist beim barocken Wohnhaus Bei der Brüderkirche 9 seine Absicht.
An diesem Punkt geht der Apell an alle Altenburger Stadträte, diese Verfahrensweise nicht mitzutragen. Weil es dem OB gar nicht in den Sinn kommt, daß hier Interessenkollisionen vorliegen, dass hier Verantwortungen unverträglich überlagert werden oder dass er mit Blick auf diese kuriosen Situationen weitgehend befangen ist, müssen die Stadträte handeln. Nur sie können etwas tun. Nur sie sind in der Lage, die notwendige Ordnung in die Verfahrensabläufe zu bringen.
Das Mindeste wäre, dass das anstehende Baugenehmigungsverfahren in allen seinen Teilen einer neutralen Genehmigungsbehörde übertragen wird (z.B. der oberen Behörde im Landerverwaltungsamt). Zu diesem Schritt müssten die Stadträte den OB in geeigneter Weise veranlassen.
Es ist sicherlich kein großer Zufall, dass sich die Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz des Bundebauministeriums bei ihrer Tagung am 15. Und 16. November 2010 in Altenburg mit dem Thema “Areal am Markt” befaßt hat. Die deutschlandweite Wirkung dieses Altenburger Problems auf die Feuilletons der großen Tageszeitungen, auf Presse, Funk und Fernsehen, auf überregionale Fachgremien, auf Schriftsteller und Künstler ist dieser Expertengruppe natürlich nicht verborgen geblieben, und so gab es am ersten Tag eine ausführliche Diskussion mit den örtlichen Vertretern zum geplanten innerstädtischen Bauen am Markt. Geladen waren neben dem Oberbürgermeister auch Vertreter der SWG, der Bürgerinitiative pro Bebauung Areal am Markt sowie des Stadtforums Altenburg.
Die Expertengruppe reagierte mit Unverständnis auf die Kompromisslosigkeit verschiedener Vertreter bei der Herangehensweise an die bauliche Lösung sowie über die Absicht des rigorosen Abrisses der beiden wertvollen und städtebaulich wichtigen Gebäude.
Die Mitglieder der Expertengruppe formulierten einen entsprechenden Appell und die Bitte an die Stadtverwaltung und die Bauherrenvertreter nach Prüfung alternativer Planungen unter Ausschöpfung aller Fördermöglichkeiten. Unterstützt wurde dieser Appell auch vom anwesenden Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Thüringen.
Die Aussagen und Bewertungen zur Marktproblematik durch externe Gremien und Fachleute haben die bekannten Positionen des Stadtforums Altenburg bisher immer bestätigt und unterstützt. Das bestärkt uns in unseren Auffassungen und in unseren Bemühungen um den Erhalt der unwiederbringlichen Denkmalsubstanz und um eine gute, akzeptable Gesamtlösung.