Die unter Punkt 11 der kommenden am 13. Dezember 2012 benannte Leistung von außerplanmäßigen Ausgaben für die Baumaßnahme “Herrichten des Grundstücks Gemarkung Altenburg, Flurstück 201” beinhaltet nichts weniger als den geplanten Abbruch des Wohn- und Geschäftshauses Johannisstraße 49.
Das Gebäude Johannisstraße 49 mit seinem Ursprung im 17. Jahrhundert wurde mehrfach überformt und so aufgrund seiner weniger denkmalwürdigen Qualität nicht als Einzeldenkmal ausgewiesen. Jedoch liegt der Gebäudekomplex Johannisstraße 49 im geschützten Sanierungsgebiet Altstadt, ist Bestandteil des Denkmalensembles „Kernstadt Altenburg“ und unterliegt den Vorgaben der Erhaltungssatzung, vgl. die Übersicht der Denkmalensemble im Stadtgebiet Altenburg (siehe hier) sowie die Erhaltungssatzung Innenstadt (siehe hier).
Ein überstürzter Abbruch ohne Prüfung der Sanierungswürdigkeit bzw. ohne ein Konzept zur anschließenden Lückenschließung wäre ein verheerender Einschnitt in den geschlossenen Straßenzug.
Bei einem Komplettabbruch würde aus einem momentanen baulichen Missstand ein über lange Zeit das Gesamtbild dieser Straße beeinträchtigender städtebaulicher Missstand.
Die Stadtverwaltung argumentiert laut Beschlussvorlage 785/12/BV (siehe hier), dass ein Abbruch der gesamten Bausubstanz und die Realisierung der sonstigen für die Herrichtung des Flurstücks 201 notwendigen Maßnahmen aufgrund wirtschaftlicher und funktioneller Vorteile die günstigste mögliche und deshalb die vorgesehene Lösung sei.
Diese Einschätzung wird seitens der Stadtverwaltung damit begründet, dass Abbruch und Abtransport des Abbruchmaterials im Falle der Erhaltungsabsicht der instandsetzungsfähigen Bausubstanz des Vorderhauses wegen der Nichtbefahrbarkeit des Hofbereiches wesentlich kostenaufwendiger werde und erheblich höhere Einschränkungen für den Straßenverkehr zur Folge habe.
Um die eigene Position zu untermauern, wird in der Beschlussvorlage 785/12/BV der Eindruck erweckt, als ob sämtliche Bauteile des Vorderhauses nicht erhaltungsfähig seien. Gleichwohl anerkennt die Stadtverwaltung im gleichen Abschnitt, dass die straßenseitige Außenwand, Teilstücke der Giebel, die hofseitigen Außenwandbereiche im Erdgeschoss, der Keller und ein verhältnismäßig geringer Teil der Innenwände und Decken im Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss als erhaltungsfähig gelten!
Genau diese „erhaltungsfähige“ Einschätzung findet sich in dem Stadtforum Altenburg bekannten Bewertungen aus dem Jahr 2007 sowie in aktuellen Aussagen von Fachleuten, mit denen sich der Komplettabbruch nicht rechtfertigen ließe. Allenfalls das östliche Seitengebäude gilt nach herkömmlicher Meinung als nicht sanierungswürdig.
Nachdem Oberbürgermeister Michael Wolf in der Stadtratssitzung am 22. November 2012 über den bevorstehenden Abbruch des Wohn‐ und Geschäftshauses Johannisstraße 49 informierte, wurde auf Antrag des Stadtforum Altenburg dieser Sachverhalt auf die Tagesordnung des Denkmalbeirates am 18. Dezember 2012 genommen. Aber was soll ein Denkmalbeirat in dieser Sache noch beraten bzw. empfehlen, wenn der Stadtrat bereits am 13. Dezember 2012 den Abbruch beschließen soll?
Aus diesem Grund hat das Stadtforum Altenburg mit Schreiben vom 2. Dezember 2012 (siehe hier) an die Fraktionsvorsitzenden Dr. Nikolaus Dorsch, SPD, Dr. Birgit Klaubert, Die Linke, André Neumann, CDU, Peter Müller, pro Altenburg sowie die fraktionslosen Stadtratsmitglieder Detlef Zschiegner, FDP und Christian Maul, Bündnis 90 / Die Grünen Fragen formuliert, mit denen die Stadträte vor Ihrer Entscheidung im Stadtrat die Stadtverwaltung zur Auskunft bewegen könnten:
- Wurde wie im Sanierungsgebiet erforderlich eine Sanierungskonzeption zur Entscheidungsfindung über Abbruch/Neubau oder Sanierung erarbeitet?
- Gibt es eine statisch‐konstruktive Bewertung des Bauzustandes, die den sofortigen Abbruch als unausweichlich herausstellt?
- Ist mit dem gleichen finanziellen Aufwand für den Komplettabbruch nicht auch eine statisch-konstruktive Sicherung realisierbar?
- Was hat die Stadt, die dieses Gebäude vor Jahren erworben hat, für die Vermarktung dieses Objektes getan?
- Was wurde in den letzten Jahren an aktiven Instandhaltungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt bzw. wurden Sicherungsmittel beantragt, um einer Verschlechterung des baulichen Zustandes zuvorzukommen?
Dokumentation: Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden Johannisstrasse 49 2012-12-02 (siehe PDF)
Auf Antrag des Stadtforum Altenburg fand am Mittwoch, 5. Dezember 2012, eine Objektbegehung u.a. mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung, dem Stadtforum Altenburg, einem Bauplaner und einem Kaufinteressenten statt. Außerdem waren bei der Begehung im Ergebnis der Bauauschusssitzung vom Vortag Stadträte anwesend.
Im Ergebnis dieser einstündigen Begehung ist aus Sicht des Stadtforums festzustellen, dass das Vorderhaus und das westliche Seitengebäude zwar einen relativ hohen Sanierungsstau aufweisen, jedoch sanierungswürdig sind, vergleichbar mit anderen im Sanierungsgebiet bereits modernisierten Objekten.
Die mindeste Voraussetzung für weitere qualifizierte Aussagen zur Sanierungswürdigkeit wäre eine statisch-konstruktive Untersuchung.
Da zur Zeit außer der Befürchtung einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, genauer heißt es in der Beschlussvorlage 785/12/BV: “Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist gegenwärtig nicht erkennbar“, noch kein Abbruchprojekt mit den Folgeleistungen aus Freilegung der Nachbargebäude vorliegt, empfiehlt das Stadtforum, im Zuge dieser statisch-konstruktiven Planung für den Abbruch die finanziellen Aufwendungen für die Sicherung des Gebäudes als Vorleistung für eine beabsichtigte Sanierung gegenüber zu stellen.
Der Kaufinteressent erhält in den nächsten Tagen von der Stadtverwaltung Gebäudegrundrisse und Schnitte sowie die Möglichkeit einer weiteren Besichtigung für seine Kalkulation.
Das Stadtforum Altenburg empfiehlt, der Beschlussvorlage 785/12/BV zum Abbruch nicht zuzustimmen, bevor nicht verbindliche Aussagen über Nachnutzung bzw. Neubebauung des Grundstückes durch die Verwaltung getroffen werden. Ebenso muss vorher die Möglichkeit einer Veräußerung und Sanierung durch Dritte geprüft werden.
Des Weiteren sind aus Sicht des Stadtforums, wie schon im Schreiben vom 2. Dezember vermerkt, folgende Punkte vor einem Stadtratsbeschluss zu klären:
- Genaue Abrisskosten
- Sanierungskosten
- Einsatz von Sicherungsmittel
- Fördermöglichkeit einer Sanierung
- Mögliches Neubauprojekt
- Möglicher Bauherr