Angeregt durch die OVZ-Beiträge vom 2. und 3. Juni sieht sich das Stadtforum veranlasst, den aktuellen Sachstand zu kommentieren sowie einige grundsätzliche Gedanken vorzutragen. Zunächst ist festzustellen, dass der Artikel in der OVZ vom 2. Juni die derzeitige Lage realistisch darstellt und auch der Kommentar sehr klar den Kern der Sache trifft. Da können auch die Abwehrversuche des Oberbürgermeisters und der SWG in den Beiträgen vom 3. Juni nur wenig ausrichten. Denn die hier genannten Informationsgespräche und Termine haben zwar statt gefunden, und es hat auch bei der SWG gegenüber von fünf Mitgliedern des Stadtforums eine Vorstellung der Planung gegeben. Aber eine reine Weitergabe von Informationen an ausgewählte Adressaten ist natürlich unzureichend und hat mit guter Öffentlichkeitsarbeit nicht sehr viel zu tun. Gewünscht ist eine breit angelegte, öffentliche Diskussion, in der auch alternative Überlegungen vorgetragen werden können.
Das Areal am Markt ist ein wichtiger und stadthistorisch bedeutsamer Altstadtbereich. Deshalb muss vor jeder Baumaßnahme öffentlich darüber gesprochen werden, intensiv und sicherlich auch kontrovers. Das ist nichts Schlimmes und lässt sich auch gar nicht vermeiden bei der Vielschichtigkeit der Problematik und der Kompliziertheit der Aufgabe. Dabei wäre es sicherlich von Vorteil, wenn es verschiedene Planungsansätze gäbe, die man z.B. im Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbes erhalten hätte. In dem Informationsgespräch bei der SWG wurde den Vertretern des Stadtforums jedoch mitgeteilt, dass man an einem vom Stadtforum angebotenen Alternativentwurf nicht interessiert ist und Änderungsvorschläge zur vorhandenen Planung nicht erwünscht sind. Es wurde weiter ausgeführt, dass die SWG an ihrer baulichen Lösung und ihrem Nutzungskonzept festhalten werde und z.B. die Auslagerung des Kundenparkens nicht in Frage komme.
Man will also gar nicht weiter über das Vorhaben reden. Deshalb hat man sich auch auf die nicht zu umgehenden Informationsgespräche mit Stadträten und einzelnen anderen Gremien beschränkt. Die erwartete größtmögliche Öffentlichkeit gegenüber den Bürgern wurde und wird zweifellos gar nicht angestrebt. Wie es scheint, war nicht einmal die Presse informiert. Insofern hat die OVZ im Kommentar mit ihrer treffenden Formulierung “eine Pseudo-Öffentlichkeit zu suggerieren” die Sache genau auf den Punkt gebracht.
Die Bemühungen des Stadtforums um eine gute Gesamtlösung werden selbstverständlich weitergeführt, auch wenn z.Zt. die planerischen Vorstellungen des Bauherrn und die Positionen des Stadtforums nicht in Einklang zu bringen sind.
Das Hauptproblem ist der fehlende Rahmenplan für den betreffenden Stadtbereich. Obwohl die Planung für dieses Quartierskonzept nun in Auftrag gegeben wurde, ist entgegen der Aussage des Oberbürgermeisters nicht zu erwarten, dass bereits zum 15.Juni – also schon nach wenigen Wochen – ein erster verwertbarer Entwurf vorliegt, aus dem die notwendigen Vorgaben und Festlegungen für die Bebauung des Areals an der Brüderkirche abgeleitet werden könnten.
Das Planungskonzept der SWG liegt bekanntermaßen in einer fünften Fassung weitgehend fertig vor, und es ist keine Absicht zu erkennen, künftige Rahmenplanerkenntnisse darin zu verarbeiten.
Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit eines Rahmenplanes lässt sich anhand der fehlenden westlichen Topfmarktbebauung darstellen. Dieser wichtige Raumabschlss des Platzes wird in den zu erwartenden Ergebnissen des Rahmenplanes als Zielstellung enthalten sein. In welcher Weise sich diese bedeutende Raumkante entwickeln kann (z.B. Standort Klosterkeller) und welche Wechselbeziehungen zur Bebauung des Areals am Markt entstehen werden, welche Gebäudeformen, Abstände, Höhen, Verkehrsflächen, Freiräume u.a. möglich oder erforderlich sind, all diese Zusammenhänge werden in einem Rahmenplan geregelt. Das ist auch zwingend notwendig, damit das jetzige und künftige Vorgehen planmäßig erfolgen kann.
Es kann und darf nicht sein, dass eine einzelne Objektplanung – hier quasi eine Insellösung in den Baukörpergrenzen eines Quartiers – das gesamte Umfeld ignoriert und die Maßstäbe für das Quartierskonzept setzt. Da würde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Deshalb ist es ganz wichtig, dass der Stadtratsbeschluss Nr. 92/09 punktgenau umgesetzt wird. Auch mit der Konsequenz, dass eine neue Zeitschiene entstehen muss. Was den geplanten Flächenabriss und die beabsichtigte Beseitigung des barocken Baudenkmals angeht, so gehen die Überlegungen des Stadtforums nach wie vor in Richtung Erhalt. Stadtsanierung heißt immer Verbindung von Alt und Neu und nicht tabula rasa wie auf einer Brache am Rande einer Stadt.
Als völlig inakzeptabel soll hier der Vorschlag der SWG erwähnt werden, statt des Barockhauses nur seine Fassade zu erhalten. Das wäre dann eine Art Disneyland- oder Kulissenarchitektur und hat natürlich mit Denkmalpflege überhaupt nichts zu tun. Von besonderer Bedeutung für das äußere Erscheinungsbild eines Baukörpers oder, wie in diesem Falle, eines ganzen Ensembles, ist die Fassadenarchitektur. Vor allem den Erdgeschoßzonen, die natürlicherweise in der Augenhöhe des Betrachters liegen, kommt eine wichtige Rolle zu.
Die Nutzungen und die bauliche Gestaltung des Erdgeschoßbereiches entscheiden über eine anziehende, einladende und angenehme oder aber über eine abstoßende Wirkung. Entsprechend der vorliegenden Planung ist z.B. auf dem Platz vor der Brüderkirche, der für die städtische Kommunikation und für eine hohe Aufenthaltsqualität ein großes Potential in sich trägt, Tristesse angesagt, weil sich hier Garagenein- und -ausfahrten sowie unattraktive Garagenlüftungsöffnungen befinden.
Es gibt also viele Fragen und Problemkreise, über die weiterhin zu reden und auch zu streiten sein wird.
Bezugsquelle der Stellungnahme, die OVZ vom 2. und 3. Juni 2010: