Zur Abstimmung über den Haushalt 2011 im Stadtrat gab es gestern Abend eine heftige Debatte. Die CDU hatte einen Änderungsantrag eingereicht. Sinngemäß beinhaltete der Antrag, die für Abrissarbeiten in der Johannisvorstadt vorgesehen Mittel von 287 Tsd. EUR (gemeindliche Mitleistungsanteil 57 Tsd. EUR und Fördermittel von 230 Tsd. EUR) in eine Haushaltstelle zu übertragen, mit der sich bei einer möglichen Sanierung der Denkmale im Areal am Markt die unrentierlichen Kosten und benötigten Fördermittel abdecken ließen.
Des Weiteren beantragte die CDU, die eingestellten Mittel von 625 Tsd. EUR für einen geplanten Parkplatz Haeckelstraße umzuwidmen in eine Haushaltsstelle „Innerstädtischer Parkierungsanlage“ mit dem Ziel, flexibel zu bleiben und diese Mittel unter Umständen für das Parkhaus auf dem Quartier 15 bereitzustellen. Diese 625 Tsd. EUR sollen aus dem Sondertopf „Sanierungsbedingte Einnahmen“ kommen. Nach leidenschaftlicher Diskussion verständigten sich die Stadträte darauf, die Haushaltsstelle Parkplatz Haeckelstraße zu belassen und eine neue Haushaltsstelle für die Errichtung Quartiersgarage Topfmarkt (Quartier 15) zu schaffen, um dort Handlungsfreiheit zu haben. Diese Haushaltsstelle sollte mit 0 EUR beziffert werden. Aus buchhalterischen Gründen musste diese Haushaltstelle mit 1 Tsd. EUR angesetzt werden.
Bevor es zur Abstimmung über diesen Änderungsantrag kam, wurde ausführlich der Änderungsantrag zur Bereitstellung von Sanierungsmittel für die Denkmale im Areal am Markt diskutiert. Der Oberbürgermeister setzte beide Beschlussanträge direkt miteinander in Verbindung und erklärte, dass ein Parkhaus am Topfmarkt in den Bereich „Investitionen Dritter“ fiele und demzufolge nicht aus Haushaltsmitteln bestritten werden könne, da dieses Parkhaus nicht aus städtischen Mitteln gebaut werden soll.
(Das Parkhaus soll zwar von einem Dritten – den Stadtwerken – errichtet werden, dennoch wird es nicht ohne Zuschüsse seitens der Stadt gehen. Als Quelle für diese Zuschüsse kommen nur Städtebaufördermittel in Betracht. Demnach sind die Mittel entgegen der Äußerung des OB doch im Haushalt der Stadt zu veranschlagen, eventuell im mittelfristigen Finanzierungsplan.)
Zum Antrag „Areal am Markt“ führte der Oberbürgermeister aus, dass die frei werdenden Mittel aus den Abrissen Johannisvorstadt insgesamt knapp 57 Tsd. EUR städtischer Mitleistungsanteil betrügen. Demgegenüber seien seines Erachtens nach als städtischer Mitleistungsanteil für die Sanierung beider Häuser im „Areal am Markt“ ca. 170 Tsd. EUR erforderlich (für das Haus bei der Brüderkirche 9 ca. 76.8 Tsd. EUR und für das Gebäude Klostergasse 5 ca. 93.6 Tsd. EUR). Daraus errechne sich ein Gesamtfördermittelbedarf für die Sanierung des Hauses bei der Brüderkirche 9 von knapp 307.5 Tsd. EUR. und für das Gebäude bei der Klostergasse 5 knapp 375.5 Tsd. EUR. In diesem Kontext rekapitulierte der OB sehr ausführlich den Fehlbedarf aus den letzten Jahren in Millionenhöhe bei allen Förderprogrammen. Er äußerte abermals die Auffassung, dass selbst bei bestem Willen für eine Sanierung keine Fördermittel zur Verfügung stünden.
Der OB nahm in diesem Zusammenhang auch Bezug auf die aktuelle Pressemitteilung des Stadtforums und sprach von wiederholt falschen Aussagen des Stadtforums. Er ließ es sich nicht nehmen, das Stadtforum direkt anzusprechen, wörtlich: Ich sehe Herrn Schaefer fleißig mitschreiben, hoffentlich schreibt er diesmal die richtigen Zahlen mit.
Der OB wiederholte sich darin, dass aus seiner Sicht eine Integration der beiden Häuser nicht möglich sei. Er verwies abermalig darauf, dass das Nutzungskonzept der SWG dann nicht mehr umzusetzen ist, dass Parkplätze für das eigene Gebäude geschaffen werden müssten und nicht nur daneben auf einem Parkplatz im Quartier 15. Und dass es nach Ablauf des Mietvertrages mit dem Konsum zu einer anderen Nachnutzung kommen könnte und daher diese Flächen flexibel vorgehalten werden müssten.
Auch Nikolaus Dorsch (SPD) verneinte die Möglichkeit einer Sanierung und sagte sinngemäß, dass es keine alternativen Planungen mit Integration der Denkmale gäbe oder ihm bekannt seien.
Als Nächstes verwies der OB darauf, dass in der Johannisvorstadt dringender Handlungsbedarf bestünde. Rüdiger Zick (Hochbauamt) wurde zu einer Stellungnahme gebeten, um darauf hinzuweisen, dass bei den Gebäuden Johannisvorstadt 2/3 dringender Handlungsbedarf bestünde: das Gebäude Johannisvorstadt 5 das Hinterhaus sei einsturzgefährdet und Gebäude Johannisvorstadt 9 sei in einem schlechten Zustand mit partieller Einsturzgefahr.
Der OB sprach davon, dass die Stadt in den vergangenen Jahren in Eigentum dieser Gebäude gekommen sei und durch die Änderung des Beschlusses nicht in ihrem weiteren Handeln in diesem Quartier behindert werden könne. Er warnte abermals und drohte vor Ersatzmaßnahmen, die die Stadt bei weiterer Verschlechterung des Zustandes vornehmen müsse, wenn nicht gehandelt wird. Inzwischen gäbe es auch nach langen Verhandlungen eine Einigung mit den Nachbarn zum Rückbau der Johannisvorstadt 9.
Nach dieser Kontroverse äußerte Peter Müller als Kompromiss, diese Haushaltsstelle von 57 Tsd. EUR nur so lange aufrecht zu erhalten, bis klar sei, dass ein möglicher Rechtsstreit um den Abriss der Häuser im Areal am Markt nicht eintritt.
Daraufhin trat Johannes Graffé (Referat Recht) ans Mikrofon und merkte an, dass eine Abrissgenehmigung für die Gebäude am Areal am Markt erteilt wurde, er verwies auf die Prüfung der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt, betonte aber abschließend, dass mit dem Verzicht der SWG auf Rechtsmittel der Bescheid rechtskräftig sei und keine weitere Handhabe zum Einspruch bestünde.
Nach dieser Wortmeldung forderte die CDU eine Unterbrechung der Sitzung, die Peter Friedrich (Vorsitzender) in die allgemeine Pause bis ca. 22 Uhr überleitete.
In der darauf folgenden Abstimmung zur Umwidmung der Gelder Abriss Johannisvorstadt zu Gunsten des gemeindlichen Mitleistungsanteils bei der Sanierung der Häuser bei der Brüderkirche 9 und Klostergasse 5 stimmten 17 Abgeordnete für den Änderungsantrag, 15 Abgeordnete für Nein und 3 Enthaltungen.
Direkt nach der Abstimmung zum Areal am Markt und vor einer Abstimmung über die Schaffung einer Haushaltsstelle Quartiersparkhaus Topfmarkt Quartier 15 in Höhe von 1 Tsd. EUR, über die bereits Einvernehmen bestand, unterbrach die SPD-Fraktion auf Antrag von Nikolaus Dorsch die Sitzung erneut. Nach 5 minütiger Beratung gab Dorsch eine persönliche Erklärung vor dem Stadtrat ab, in der er die Zustimmung der SPD zum Haushalt 2011 verweigerte. Als nächstes trat der OB ans Rednerpult und äußerte mit scharfen Worten, dass er einen Haushalt mit ungedeckten Haushaltsstellen und nicht zu verantwortenden Risiken (die Streitfrage über die Höhe des gemeindlichen Mitleistungsanteils Sanierung Denkmale Areal am Markt) nicht einbringen könne und zog den Haushalt 2011 unumwunden zurück.