Weichenstellungen für die Altenburger Innenstadt – Zur Diskussion über die Ansiedlung des Modemarktes im Gewerbegebiet NO I/II

Am 25. Juni 2012 fand ein von der IHK Ostthüringen, dem Stadtforum Altenburg und der Altenburger Werbegemeinschaft e.V. initiiertes öffentliches Podiumsgespräch über „Wege für eine attraktivere Altenburger Innenstadt“ ein erwartet großes Bürgerinteresse. Unter den Zuhörern waren auch viele Stadträte, die am 19. Juli 2012 den Abwägungs- und Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan Modemarkt fassen sollen.

Für das Stadtforum Altenburg bleiben zwei Einsichten von der Veranstaltung zurück:

(1) Während andere Kommunen 20 Jahre nach der Wende bemüht sind, die Anfangsfehler, die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel an den Stadträndern, zu korrigieren, verblüfft die Altenburger Stadtverwaltung trotz Einwänden im Rahmen der Abwägung von LVwA, Landratsamt und IHK in ihrem Beharren auf einer Ansiedlung des Modemarktes im Gewerbegebiet.

(2) Während von Seiten des Bundes und des Landes auch in finanzieller Sicht größte Anstrengungen unternommen werden, die Innenstädte, hier Altenburg als Mittelzentrum mit seiner Teilfunktion Oberzentrum, zu stärken (z.B. Bund-Länder-Programm Stadtumbau Ost, Teil Aufwertung), harren Bebauungspläne für Einkaufszentren auf der grünen Wiese aus den wilden 1990er Jahren mit ihren innenstadtschädlichen Inhalten ihrer erforderlichen Korrektur. Das Land Thüringen ist hier in der Pflicht, auf geeignete Weise die betreffenden Gemeinden als Träger der Planungshoheit zur Korrektur dieser Bebauungspläne zu veranlassen, und sie den in Landesentwicklungsplan und Regionalplan festgeschriebenen raumordnerischen Zielen anzupassen.

Das Stadtforum Altenburg hat diese Einsichten zum Anlass genommen und seinerseits das Thüringer Landesverwaltungsamt und das Landratsamt Altenburger Land mit dezidierten Fragen angeschrieben. Wir dokumentieren hier diese Schreiben (Anlage, siehe unten).

(Auszug aus dem Schreiben)

Die Stadt Altenburg, im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Ostthüringen als Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums ausgewiesen, hat in den vergangenen 20 Jahren u.a. mit Stadtentwicklungskonzept, Leitbild, Marketingkonzept, Rahmenplan Stadtsanierung wesentliche Voraussetzungen für die Gestaltung einer attraktiven Innenstadt geschaffen. Diese positive Entwicklung wird durch die Ansiedlung des Röther-Modemarktes weitgehend zunichte gemacht.

Der Oberbürgermeister, Herr Wolf, hat in der IHK-Podiumsdiskussion mehrfach als Begründung für die Röther-Ansiedlung darauf verwiesen, dass seit Jahren entgegen den Interessen der Stadt Altenburg Einzelhandel-Ansiedlungen auf der Grundlage von Bebauungsplänen aus den frühen 90er Jahre in den Umlandgemeinden Nobitz, Windischleuba, Lödla erfolgen und sogar Neuansiedlungen in derzeit leeren Gebäudekomplexen geplant sind. Der OB erklärte weiter, dass die Stadt Altenburg ein attraktives Gewerbegebiet am Stadtrand als Gegengewicht zu Ansiedlungen in den Gewerbegebieten der Umlandgemeinden benötigt (OVZ, 25. Juni 2012). Wörtlich sprach Herr Wolf von einem „raumordnerischen Chaos“ und äußerte, dass das Landesverwaltungsamt nicht in der Lage sei, die Raumordnung durchzusetzen.

Sollte die Stadtverwaltung Altenburg die Ansiedlung von Modepark Röther mit weiteren geplanten Einzelhändlern am städtebaulich nicht integrierten Standort Gewerbegebiet NO I/II durchsetzen, wird der Textilmarkt Adler, der die Marketingaktivitäten der Altenburger Werbegemeinschaft unterstützt, nach eigenen Worten sich neben Röther ansiedeln. Damit wäre der Weg frei für ein Versorgungszentrum, welches in Konkurrenz zum Hauptversorgungszentrum Innenstadt steht.

Daraus ergeben sich für uns folgende Fragestellungen:

  1. Ist es legitim, dass sich die Altenburger Stadtverwaltung unter Hinweis auf frühere bzw. aktuelle Fehlentwicklungen trotz Bedenken von Landesverwaltungsamt, Landratsamt und IHK für die Ansiedlung des Modemarktes in einem Gewerbegebiet stark macht, während andere Kommunen 20 Jahren nach der Wende bemüht sind, die Anfangsfehler der Ansiedlung von Einzelhandelsmärkten an den Stadträndern zu korrigieren?
  2. Könnte die Stadt Altenburg die offenbar geplante Ansiedlung von Intersport, kik usw. im Gewerbegebiet Windischleuba mit Hinweis auf die ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie den Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (§ 2 Abs. 2 BauGB) verhindern?
  3. Wäre es nicht sinnvoll, dass dem Beispiel anderer Kommunen Thüringens folgend, die erforderlichen Änderungen der Bebauungspläne für die betreffenden Gewerbegebiete in Abstimmung zwischen der Stadt Altenburg und den Gemeinden Nobitz, Windischleuba und Lödla erfolgen?
  4. Gibt es seitens des Landesverwaltungsamtes bzw. des Landratsamtes Möglichkeiten, die Nachbargemeinden zur Änderung bzw. Anpassung bestehender Bebauungspläne zu verpflichten?
  5. Sind seitens des Landesverwaltungsamtes bzw. des Landratsamtes rechts- und/oder fachaufsichtliche Maßnahmen möglich, wenn die Stadt Altenburg nach einem Abwägungs- und Satzungsbeschluss, mit dem am 19. Juli 2012 zu rechnen ist, eine Baugenehmigung nach § 33 BauGB erteilt?

Es bleibt für uns unverständlich, wenn von Seiten des Bundes und Landes größte Anstrengungen unternommen werden, die Innenstädte zu stärken, jedoch zum einen Bebauungspläne in den Umlandgemeinden aus den frühen 90er Jahre nicht korrigiert werden und zum anderen die Stadt Altenburg versucht, entsprechende Fehlentwicklungen durch deren „konsequente“ Fortsetzung zu verhindern, aber damit das Gegenteil erreicht.

Die Antwort des Präsidenten des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 19. Juli 2012 lesen Sie (hier).