Ende für langen Streit in Sicht – OTZ, 26. Mai 2011

Altenburger Stadtrat entscheidet heute über Bebauungsplan für Areal am Markt mit Konsum, Parkdeck und Wohnungen. Im Entwurf bleibt vom barocken Bürgerhaus Bei der Brüderkirche 9 nur die Fassade. Von der Klostergasse 5 bleibt nichts.

Von Petra Lowe

Wenn heute Abend um 18 Uhr der Altenburger Stadtratsvorsitzende Peter Friedrich (SPD) den Tagesordnungspunkt 14 einläutet, könnte dies einen monatelangen Streit in der Skatstadt beenden. Doch die Stadträte werden dabei nicht unter sich sein. Vertreter der Bürgerinitiative Pro Bebauung Areal am Markt und des Stadtforums warten auf die Entscheidung zur Zukunft des umstrittenen Quartiers zwischen Brüderkirche und Klostergasse dem vielleicht exponiertesten Platz in der Skatstadt. Die Bürgerinitiative steht für die Bebauung des Areals und hat dafür rund 4700 Unterschriften gesammelt. Und auch das Altenburger Stadtforum will eine Bebauung. Aber das will wohl jeder, der des sanierungsbedürftigen Gebietes ansichtig wird. Warum also herrscht seit Monaten ein erbitterter Kampf zwischen den doch grundsätzlich einvernehmlichen Gruppen?

Der Teufel steckt in der Umsetzung und den Opfern, die diese kostet. Das Marktareal gehört zum Denkmalensemble der Kernstadt und prägt mit dem Eckgebäude Klostergasse 5 das Bild vom Markt zur Brüderkirche. Es beherbergt auch ein ganz besonderes Kleinod: Das barocke Haus Brüderkirche 9. Auf beide Gebäude verzichtet der Entwurf der Städtischen Wohnungsgesellschaft (SWG), der zur Abstimmung steht. Gebaut werden sollen 35 Wohnungen, eine Verkaufsfläche für den Konsum, ein Ladenlokal, ein Restaurant und ein Doppelparkdeck mit 17 Stellplätzen für Mieter und 18 für Kunden.

Nach dem ersten radikalen Neubau-Entwurf der SWG von 2009 habe man nun eine historisierende Variante erarbeitet, sagt SWG-Chef Michael Rüger. Dazu gehört die zu erhaltende Fassade des Hauses Brüderkirche 9. Die anderen Neubauten würden angepasst, gefälligere Einfahrten mit Rundbögen und kleinteiligere Gestaltung in Einzelhäuser-Reihung anmutend. Die historisierende Bebauung sei Auftrag des Stadtrates gewesen, sagt Rüger und gibt durchaus zu, dass der Druck des Stadtforums und die daraufhin entbrannte Diskussion zu einer Änderung des Vorhabens 2010 führte. Heute meint er, es sei gut so.

Die Fläche ist mit 1600 Quadratmetern eine Herausforderung, auch wegen der Höhenunterschiede vom Markt zur Brüderkirche hinauf. Dort oben soll ebenerdig ein Restaurant entstehen, ein Neubau auf hässlicher Brache. Hinunterwärts zum Markt folgt dann die Fassade des barocken Bürgerhauses Bei der Bürderkirche 9. Die Abrissgenehmigung habe er schon in der Tasche, sagt Rüger. Das Denkmal könne nicht erhalten werden wegen der zweietagigen Tiefgarage, die dahinter entstehen soll, meint er. Daneben der Neubau Ecke Klostergasse mit Eingang zum Konsum. Wegen der geplanten Geschosshöhe von vier Metern seien Haus oder Fassade nicht erhaltbar, betont Rüger. Zwar will die SWG mit ihrem Entwurf nach außen ein Bild erzeugen, das an die ehemalige Struktur erinnert. Dennoch ist es nur der Schein.

Dass die beiden intakten Denkmale Klostergasse 5 und Brüderkirche 9 nicht als Sanierungsobjekte berücksichtigt werden, ist Stadtforum und auch Denkmalschützern ein Dorn im Auge. Das Landesamt für Denkmalpflege spricht sich zwar klar für den Erhalt der Baudenkmäler aus, sie sei aber nur ein zahnloser Tiger, wie es Sabine Guzowski, Gebietsleiterin der Fachbehörde, ausdrückte. Man dürfe nur prüfen, habe den Abriss fachlich versagt und die Sanierungs- und Erhaltungsfähigkeit bescheinigt. Doch laut neuem Denkmalschutzgesetz entscheidet die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt darüber, ob die Sanierung zumutbar ist. Dort wurde der Abriss genehmigt, die Rechnung, die Rüger aufmacht besagt, dass bei einem Einsatz von 700 000 Euro samt Kredit jährlich 26 000 Euro fehlen würden, die durch drei Wohnungen und einen Laden im Haus nicht getragen werden könnten. Mit Fördermitteln will Rüger nicht bauen, das Signal für Mittel aus der Städtebauförderung und vom Denkmalschutz bleibt ungehört.

Gerade das kann Johannes Schaefer, Sprecher des Stadtforums, nicht akzeptieren und sagt, dass bei der Berechnung der Unwirtschaftlichkeit gar nicht die immensen Kosten eines Teilabrisses samt Stützung der Fassade berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus werde ein Investoreninteresse aus Weimar ignoriert. Mit dem aber könnten der Erhalt und die Sanierung des Hauses Bei der Brüderkirche 9 kostengünstiger für die SWG ausfallen. Seine Bedenken hat das Stadtforum dem Petitionsausschuss des Landtages vorgelegt, auf eine Antwort wartet man noch. Auch sind beim Landesverwaltungsamt zwei Widersprüche gegen den Abriss anhängig.

Beim Landesamt für Denkmalpflege arbeitet man unterdessen an der Stellungnahme zum Neubauantrag. So werden Dacherhöhungen, Fenstersimse in einer Höhe von etwa sechs Metern und die für die Innenstadt untypischen Balkone und Erker kritisiert.

Neu ist all dies den Stadträten nicht, sie haben nur zu entscheiden, ob sie den Bedenken Gehör schenken. Lang genug wurde darüber gestritten.

OTZ, 26. Mai 2011, S. 15